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Analyse zum Herbst: Wie schlagen sich die Nordlichter bislang?
Autor: Fube am 15.10.2018
DIE FUSSBALLECKE

Die nächste Länderspielpause steht an und das gibt den Fans Zeit, die bisherige Hinrunde Revue passieren zu lassen. Im Fokus stehen die norddeutschen Vereine aus den drei obersten Spielklassen und wie immer gibt es dabei sowohl Licht als auch Schatten.


HSV sorgt erneut für Schlagzeilen – in jeder Hinsicht

In der höchsten deutschen Spielklasse ist der Norden momentan leider nicht besonders glanzvoll vertreten. Einziger Lichtblick ist der SV Werder Bremen, der als Tabellenvierter sogar vor Meister FC Bayern München in der Tabelle steht. Der Abstieg des HSV hingegen besiegelte das Ende der jahrzehntelangen „Dino-Ära“ und die übrigen Vertreter bleiben ebenfalls weit hinter den Erwartungen zurück. Schließlich landete auch der VfL Wolfsburg in der Abstiegszone und hat seinen Bundesliga-Verbleib nur dem Relegationsmodus zu verdanken. Auf eben jenem Platz 16 steht derzeit der zweite der drei Nord-Vereine, nämlich Hannover 96 – Hoffnung sieht also anders aus.

Doch es gibt auch Lichtblicke. Denn selbst, falls sich die Lage in den nächsten Jahren nicht bessert, steht schon fest, dass der Norden zumindest noch einmal den großen Fußballglanz abbekommen wird. Bei der EM 2024, die in Deutschland stattfindet, wird das Hamburger Volksparkstadion nämlich zu den Austragungsorten gehören. Für manche klingt das nach Galgenhumor, für andere nach nüchternem Realismus. Ob der HSV bis dahin wieder erstklassig ist, bleibt abzuwarten – an dieser Frage beißen sich zum jetzigen Zeitpunkt selbst die großen Sportwettenportale wie Tipico die Zähne aus.

Immerhin sieht die Tabelle in der 2. Liga schon etwas freundlicher aus. Dort ist Hamburg nämlich gleich zweimal in der oberen Tabellenregion vertreten: Der HSV steht auf Platz 3, die Erzrivalen aus St. Pauli liegen mit nur einem Punkt weniger auf Platz 5. Diese Momentaufnahme darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass dem HSV einmal mehr Ärger ins Haus steht. Trotz der guten Platzierung muss sich Trainer Christian Titz viel Kritik gefallen lassen; selbst von einer baldigen Entlassung ist in den Medien schon die Rede. Grund dafür ist die erschreckende Inkonstanz der Rothosen, die ihren (vorläufigen) Höhepunkt bei der 0:5-Heimklatsche gegen Jahn Regensburg fand.

All das zeigt natürlich nur, wie angespannt die Nervenlage in Hamburg immer noch ist. Und dass das Abstiegstrauma noch lange nicht verdaut wurde: Der direkte Wiederaufstieg ist das unbedingte Ziel und das schafft eine Drucksituation, die bei jedem Rückschlag zur Krise wird.

Rückt Osnabrück bald auf – und ein Pokalsieg nebenbei?

Deutlich bessere Laune macht dagegen der Blick in die unterste Profi-Spielklasse. In der 3. Liga grüßt nämlich der VfL Osnabrück von der Tabelle. Auch bei den Niedersachsen hat der Aufstieg oberste Priorität, denn das einjährige Intermezzo (Saison 2010/11 ) in der 2. Bundesliga hat die Lust auf mehr geweckt. Aktuell sieht die Situation recht vielversprechend aus, obwohl zu diesem Zeitpunkt natürlich noch alles offen ist.

Und das gilt offensichtlich auch in die andere Richtung. Doch der Nichtabstieg ist glücklicherweise kein Thema, mit dem man sich in Osnabrück allzu intensiv beschäftigen muss: Seit der Rückkehr in die Liga war die schlechteste Platzierung Platz 11 (Saison 2013/14), davon abgesehen endete jede Saison auf einem einstelligen Platz, oft sogar dicht an der Aufstiegsregion.

Der VfL gehört damit zum Favoritenkreis, mit dem jedes Jahr zu rechnen ist. Ein wenig psychologischen Aufwind kann sich das Team nebenher im Krombacher Niedersachsenpokal holen: Kürzlich standen die Viertelfinals an und dort setzte sich Osnabrück auswärts beim BSV Rehden mit 5:0 durch. Dass der Gegner in der Regionalliga Nord und damit eine Klasse tiefer spielt, ist keine Garantie für solche Kantersiege – Pokalwettbewerbe haben schließlich ihre ganz eigenen Gesetze.

Genau das bestätigte auch das Parallelspiel zwischen Drochtersen und Eintracht Braunschweig. Die Braunschweiger, aktuell mit der roten Laterne in der 3. Liga, kamen beim Regionalligisten nicht über ein 0:0 in 90 Minuten hinaus. Im Elfmeterschießen kam es dann zur kleinen Sensation: Mit 5:4 setzte sich Drochtersen durch und ist damit einer von drei möglichen Gegnern des VfL Osnabrück im Halbfinale.

Einmal mehr macht also der Pokalwettbewerb die künstlich erschaffene Schwelle zwischen Amateur- und Profifußball vergessen. Dafür ist bereits der große DFB-Pokal speziell in den frühen Runden bekannt; am 31. Oktober hat dort übrigens Holstein Kiel die Chance, den Erstligisten SC Freiburg zu schocken. Die regionalen K.O.-Wettbewerbe scheinen diesen Geist übernommen zu haben. Für Fans ist das ein gefundenes Fressen, da es für zusätzliche Spannung zum ohnehin schon engen Liga-Alltag sorgt.